Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit Helmholtz-Zentrum Potsdam

Zivilgesellschaft: Hoffnungsträgerin im Strukturwandel?

23.06.2020

In weniger als zwei Jahrzehnten soll der Braunkohlebergbau in der Lausitz endgültig beendet sein. Das bedeutet einen erneuten Strukturwandel für die Region, die nach der deutschen Wiedervereinigung schon den Großteil ihrer Industrien verlor. Wie wird sich der Strukturwandel auf die zivilgesellschaftlichen Strukturen auswirken? Ist die Zivilgesellschaft gefährdet oder kann sie ihre Positionen stärken und zum Erfolg des Strukturwandels beitragen?

Stadtansicht Görlitz Lausitz
Wie aus dem Bilderbuch: die Stadt Görlitz in der Lausitz. Die Zivilgesellschaft ist Bindeglied in die lokalen Gemeinschaften hinein und hilft dabei, den Strukturwandel zu bewältigen.

Die Zukunft der Lausitz liegt jenseits der Braunkohle, die diese Region seit Jahrzehnten geprägt hat. Wohin sich die Lausitz entwickelt, welche neuen Strukturen entstehen, das geht vor allem die Menschen vor Ort an. Soll der Strukturwandel gelingen, muss von den Bürgerinnen und Bürgern, quasi von unten, getragen werden.

Das IASS Potsdam und ZiviZ im Stifterverband haben die zivilgesellschaftlichen Strukturen in der Lausitz untersucht und die Ergebnisse in der Studie „Zivilgesellschaft im Strukturwandel: Vereine und Stiftungen in der Lausitz“  veröffentlicht. Sie gibt Auskunft, in welchen Bereichen und Landkreisen diese Vereine und Stiftungen tätig sind, wie sich die Zivilgesellschaft seit 1990 entwickelt hat und vor welchen Herausforderungen sie steht. Co-Autor Johannes Staemmler: „Der Strukturwandel wird die Zivilgesellschaft in der Lausitz nicht unberührt lassen. Als Partnerin und Ideengeberin kann sie sich gerade jetzt einbringen.“

Zivilgesellschaftliche Organisationen sind ein Bindeglied in die lokalen Gemeinschaften hinein und eröffnen die Möglichkeit, die Bewältigung des Strukturwandels als gemeinsame Angelegenheit zu erfahren. „Gerade Vereine halten die Gesellschaft lokal zusammen. Auch um Tendenzen der Abkapselung vorzubeugen ist es wichtig sie frühzeitig zu involvieren“, sagt Co-Autorin Jana Priemer von ZiviZ im Stifterverband.

Als Dritter Sektor neben Wirtschaft und Staat steht die Zivilgesellschaft für die Handlungsfähigkeit und Problemlösungskompetenz von Bürgerinnen und Bürgern. Das Wissen zur Bewältigung des Strukturwandels steckt auch in der Region, beispielsweise in der Zivilgesellschaft.

In der Lausitz gibt es 7.668 eingetragene Vereine (Stand 2019), davon 4.441 in der Niederlausitz (Brandenburg) und 3.227 in der Oberlausitz (Sachsen). Von den 149 Stiftungen in der Lausitz haben 100 ihren Sitz in Sachsen und 49 in Brandenburg (Stand 2020). Die Organisationsdichte ist uneinheitlich und tendenziell etwas geringer als im Bundesschnitt: Auf 10.000 Personen in der Lausitz kommen durchschnittlich 66 eingetragene Vereine und 1,3 Stiftungen.

Unterstützung des Wandels durch kleine Organisationen

Die organisierte Zivilgesellschaft in der Lausitz ist geprägt von vielen, aber meist kleinen Organisationen. Mit Engagement und Leidenschaft bieten sie trotz geringer finanzieller Ressourcen und einiger Nachwuchssorgen eine lebendige Vielfalt. Sie können punktuell gut Unterstützung mobilisieren, sind aber auf die Hilfe der öffentlichen Hand und von Unternehmen angewiesen. Die Organisationen der Lausitz, einer vom demografischen Wandel geprägten Region, sind oft kleiner und finanzschwächer als im Bundesdurchschnitt. In ihnen stecken aber auch Kraft und Ideen für die Zukunft der Region.

Die Lausitz-Beauftragten von Brandenburg, Klaus Freytag, und Sachsen, Stephan Rhode, betonen in ihrem Geleitwort die Bedeutung zivilgesellschaftlichen Engagements: „Mit der vorliegenden Studie wird nun noch einmal das wichtige Thema des zivilgesellschaftlichen Engagements adressiert und damit eine bestehende Lücke in der Transformationsforschung in der Lausitz geschlossen. Die in der Studie enthaltenen Politikempfehlungen zur Unterstützung zivilgesellschaftlichen Engagements und deren Institutionalisierung im Transformationsprozess werden wir sehr sorgfältig prüfen. Denn wir möchten, dass die Region auch zukünftig eine gute Perspektive hat.“

Publikation:
Johannes Staemmler, Jana Priemer, Julia Gabler: Zivilgesellschaft im Strukturwandel: Vereine und Stiftungen in der Lausitz, Juni 2020. DOI: 10.2312/iass.2020.023

Medien

Julia Gabler: Zivilgesellschaft als Hoffnungsträgerin im Strukturwandel

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